Macht Dicksein krank? Oder macht Kranksein dick?
In diesem Beitrag soll es um eine ernste Seite des Übergewichts gehen, die häufig unterschätzt wird. Wenn von übergewichtigen Menschen unter dem Aspekt der Gesundheit die Rede ist, denkt man zunächst an die Belastung der Knochen, Sehnen, Gelenke und Bänder. Vernachlässigt wird hingegen die Psyche. Auch diesem Thema haben wir uns in unseren Studien gewidmet und möchten hier ein paar unserer Ergebnisse beleuchten.
Je dicker die Gesellschaft wird, desto mehr werden Übergewichtige diskriminiert
Noch vor 40 Jahren waren übergewichtige Mitschüler in einer Schulklasse die Ausnahmeerscheinung. Erinnert man sich zurück, hatte jede Schulklasse ihren "Dicken". Dieser war oft noch nicht einmal wirklich adipös, sondern nur leicht übergewichtig. Dieser Klassenkamerad oder diese Klassenkameradin bekam vielleicht ihren Spitznamen und wurde schlimmstenfalls gehänselt, bis der Lehrer einschritt. Heutzutage ist Übergewicht weitaus verbreiteter und die übergewichtigen Kinder findet man schon in den Kindergärten. In vielen Schulen herrscht inzwischen ein großes Problem mit Mobbing, wobei nicht selten adipöse Kinder zu Opfern werden.
Auch unter den Erwachsenen ist Übergewicht häufiger als früher anzutreffen. Man müsste annehmen, dass dieses Phänomen bereits zur Normalität gehört, aber das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Adipöse werden öffentlich stigmatisiert und diskriminiert. Das beginnt bereits beim Einkaufen von Kleidung, da viele Geschäfte eher zu sehr kleinen Kleidergrößen tendieren und ab Kleidergröße 40/42 Schluss ist. Im Beruf werden schwergewichtige Bewerber seltener zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Partnersuche kann sich ebenfalls schwierig gestalten, um nur einige der Probleme zu nennen. Daraus kann man ableiten, dass Adipositas nicht nur eine körperliche Belastung ist, sondern ganz bestimmt auch eine seelische.
Machen Diäten im Kindesalter depressiv?
Eltern möchten berechtigterweise ihre Kinder vor negativen Folgen des Übergewichts schützen. Studien haben jedoch ergeben, dass tatsächliche Diäten den Kindern mehr geschadet als genutzt haben. Das galt auch oder insbesondere für Kinder, die eine Abnehmkur außer Haus durchgeführt haben. Nicht nur, dass die meisten von ihnen innerhalb eines Jahres wieder zunahmen, sondern es gab auch noch weitere negative Effekte. Zuerst fällt auf, dass die Kinder mit durchgeführter Diät in der Folge noch stärker zunahmen als die Kinder, die gar nicht erst mit einer Diät konfrontiert wurden.
Teilweise entwickelten sie regelrechte Essattacken, auch wenn das vor der Kur noch nicht der Fall war. Manche begannen sich als Jugendliche mit anderen Abnehmmethoden auseinander zu setzen, die alles andere als wünschenswert sind: Die Einnahme von Diätpillen, Erbrechen oder die völlige Verweigerung der Nahrungsaufnahme. Das Selbstwertgefühl sank bis hin zu Suizidgedanken. Depressionen sind scheinbar generell ein großes Thema im Zusammenhang mit Adipositas.
Frustessen, Kummerspeck und Depressionen
In mindestens sieben seriösen Studien wurde belegt, dass Übergewicht und psychische Erkrankungen wie Depressionen im Zusammenhang miteinander stehen. Eine sehr traurige Bilanz. Für diese Studien wurden zum Beispiel Kinder gebeten, einen Depressions-Fragebogen auszufüllen und einen Score zu vergeben. Nach einer gewissen Zeit erfolgte eine Nachuntersuchung. Es stellte sich heraus: Je höher der Depressions-Score ausfiel, desto mehr nahmen die getesteten Kinder im Laufe der Zeit zu. Außerdem manifestierte sich das Übergewicht im Erwachsenenalter stärker, je länger die depressive Phase in der Jugend anhielt.
Kummerspeck ist also nicht nur ein sprichwörtlicher Begriff, sondern ein wissenschaftlich erwiesenes Phänomen. Allerdings scheint Adipositas im Kontrast zu diesen Studien immerhin vor Suizid zu schützen. Eine entsprechende Studie in Schweden brachte zum Vorschein, dass jedes Ansteigen des BMI das Suizidrisiko der männlichen Studienteilnehmer deutlich senkte. Zwei weitere Studien gleichen Inhalts konnten diesen Zusammenhang bestätigen. Sogar eine höhere Lebensqualität konnte bei den übergewichtigen erwiesen werden.
Drogenabhängigkeit ist bei adipösen Jugendlichen geringer
Mit Ausnahme der Kinder, die während ihrer Kindheit und Jugend Diät gehalten hatten, neigen adipöse Menschen seltener zu Substanzmittelmissbrauch als normalgewichtige Menschen. Die Begründung erscheint recht simpel: Übergewichtige leiden häufiger unter Essanfällen und stimulieren damit ähnliche Belohnungssysteme im Gehirn wie Menschen, die Betäubungsmittel konsumieren. Das Essen wird für viele Betroffene also zur Droge und das Essen bekommt Suchtcharakter.
Sind die flüssigen Kalorien das Problem?
Betrachtet man den Energiegehalt von Softdrinks oder Säften, kann man diesen bereits mit einem vollwertigen Lebensmittel vergleichen. Im Körper stellt sich nach dem Genuss eines kalorienreichen Getränks kein langfristiges Sättigungsgefühl ein, weshalb zusätzlich die Kalorien aus der Nahrung uneingeschränkt eingefordert werden. Dies ist ein sehr wichtiger Ansatzpunkt für Eltern, die ihren Kindern die bestmöglichen Voraussetzungen zur Vermeidung von Übergewicht schaffen wollen.
Der Geschmack prägt sich bereits im Kleinkindalter. Bekommt das Kind süße Getränke, wird es diese ein Leben lang bevorzugen und läuft damit Gefahr, im späteren Leben in diese Kalorienfalle zu tappen. Es ist empfehlenswert, dem Kind schon frühzeitig Wasser schmackhaft zu machen, kalorienhaltige Getränke möglichst aus dem Haushalt zu verbannen und stattdessen vollwertig zu essen.
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